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Ganztagsanspruch und Mensagestaltung
Ausgehend von dem ab 2026 bundesweit umzusetzenden Recht auf Ganztagsbetreuung wird von einem Anstieg der Schülerinnen und Schüler, die eine ganztägige Betreuung beanspruchen, ausgegangen. Dieser Anspruch entwickelt sich stufenweise und beginnt im Schuljahr 2026/2027 mit den Jahrgängen der ersten Klasse und erweitert sich in den darauffolgenden Jahren immer um einen weiteren Jahrgang bis im Schuljahr 2029/2030 alle Grundschülerinnen und Grundschüler ein Recht auf einen Ganztagsplatz haben.
Im Hinblick auf den Ausbau der Ganztagsschulen rückt auch die Mensagestaltung immer mehr in den Vordergrund, denn in einer ganztägig arbeitenden Schule spielt das Mittagessen eine wichtige Rolle. Es markiert den Übergang zwischen Vormittag und Nachmittag, erlaubt den Schülerinnen und Schülern eine Erholungspause und stärkt gleichzeitig die Esskultur.
Vielen Kindern ist es im familiären Umfeld nicht möglich, eine adäquate Tisch- und Esskultur zu erleben, denn die soziale Funktion des gemeinsamen Essens geht mehr und mehr verloren. Fast-Food-Angebote für den „schnellen Hunger“ rücken eine gesunde Ernährung in den Hintergrund. Das gemeinsame Mittagessen an Schulen bekommt somit einen immer wichtigeren Stellenwert, um diesen Einflüssen entgegen wirken zu können – insbesondere unter dem Aspekt, dass das Schulessen für einige Schülerinnen und Schüler womöglich die einzige warme Mahlzeit des Tages darstellt.
Bei Kindern und Jugendlichen kann es außerdem zu einem beachtlichen Kompetenzzuwachs im sozialen Miteinander führen, wenn sie hier bestimmte gesellschaftliche Verhaltensweisen in einem geschützten Umfeld erproben können, zum Beispiel das Essen mit Messer und Gabel oder das gemeinsame Essen, ohne dass jemand nebenbei etwas anderes erledigt oder am Smartphone sitzt. Dem pädagogischen Fachpersonal kommt bei der Betreuung der Mittagessenssituation somit eine zentrale Aufgabe zu, nicht zuletzt auch unter dem Aspekt, Informationen hinsichtlich der Akzeptanz der Verpflegung gewinnen zu können.
Von der Mensa zum Schülerrestaurant
Atmosphäre
Eine Mensa für die Mittagspause kann das entsprechende Umfeld für die Etablierung einer neuen Esskultur an Schulen bieten. Mit diesem Begriff verbinden sich jedoch häufig Bilder von Industriekantinen, großen Tischgruppen und langen Ausgabeschlangen. Laut, dunkel, ungemütlich und hektisch – Wohlfühlatmosphäre und eine erholsame Mittagspause sind dort oftmals nicht vorstellbar.
Schülerinnen und Schüler sind in Schulmensen als Kundinnen und Kunden zu verstehen, genau wie in einem Restaurant. Die mit dieser Perspektive verbundenen Bilder und Emotionen drücken eine andere Atmosphäre aus und unterstreichen den Grundgedanken einer Mittagspause mit familiären, sozialen und gleichzeitig erholsamen Komponenten. Ganztagsschulen bzw. Schulen, die Angebote im Ganztag anbieten, ergänzen die Unterrichtszeiten um Freizeitangebote, die ebenfalls genau diese Komponenten spielerisch vermitteln sollen.
Der Lernraum Schule wird somit zu einem Lebensraum und übernimmt immer mehr erzieherische Aufgaben aus dem Familienalltag – eine Aufgabe, der sich Schulen oftmals nicht gewachsen fühlen, vor allem weil die räumlichen Gegebenheiten bisher darauf nicht ausgerichtet sind. Es genügt deshalb nicht, eine rein inhaltliche Veränderung anzustreben, um diese Aufgaben adäquat umzusetzen, und den Raum außen vorzulassen.
Ein ganzheitlicher Blick ist notwendig. Ausschlaggebend hierfür ist die Partizipation der Schülerschaft, die beispielsweise in Projektwochen oder AGs zur Gestaltung der Mensa beitragen kann. Von dem Basteln von Dekoration für die Adventszeit über das Anfertigen von Info-Postern über die Ausgabekräfte bis hin zu dem Gestalten einer Lounge-Ecke für ältere Schülerinnen und Schüler sind hierbei keine Grenzen gesetzt.
Anforderungen
Auch die Bundesregierung ist sich der Verantwortung im Hinblick auf die Verpflegung in Schulen bewusst und hat hierfür die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen veröffentlicht. Durch diese Standards sollen die Verpflegungsverantwortlichen an Schulen bei der Angebotsgestaltung im Hinblick auf Gesundheit und Nachhaltigkeit unterstützt werden.
Die Akzeptanz des Speisenangebots hängt dabei insbesondere von der Präsentation und Information beziehungsweise Kennzeichnung der Gerichte ab. Durch Nudging können Schülerinnen und Schüler darüber hinaus angeregt werden, eine gesundheitsförderliche Alternative zu wählen, beispielsweise durch die Markierung von Speisen, deren Zubereitung wenig CO2 produziert. Weiterhin ist die Platzierung der Speisen in der Ausgabetheke als wichtiger Aspekt zu nennen.
Als Treffpunkt und wichtiger Kommunikationsort für alle Mitglieder der Schulgemeinde erlebt der Verpflegungsort einen Wandel vom „Speiseraum“ zum „Erlebnisraum“. Deshalb ist das ansprechende und altersgerechte Ambiente ein wichtiges Kriterium. Konkret beschrieben werden hier folgende Anforderungen:
- Ein heller, freundlicher und gemütlicher Speiseraum.
- Genügend Platz.
- Ein gut geplanter Ausgabebereich, der geringe Wartezeiten gewährleistet.
- Lösungen zur Minimierung der akustischen Belastung.
- Nach Möglichkeit Trennung zwischen Unter- und Oberstufe.
Umsetzung und Unterstützung
Die beschriebenen Anforderungen an den Erlebnisort Mensa werden in der Praxis bei der Neugestaltung von Speisebereichen in Schulen bereits umgesetzt. Insbesondere bei einem Schulneubau empfiehlt es sich, von Anfang an Fachberatungsfirmen hinzuzuziehen. Die Moderation durch einen externen Berater erhält hier zum einen eine impulsgebende Funktion, um die Teilnehmenden aus ihren eingefahrenen Mustern abzuholen; zum anderen wird die Überprüfung der Bedarfe im Hinblick auf reale Umsetzbarkeit im Blick behalten.
Es sollen keine unrealistischen Erwartungen geweckt, sondern bedarfs- und ressourcengerechte Lösungen entwickelt werden. Da der Schulträger für die sächliche sowie räumliche Ausstattung der Verpflegung in Schulen zuständig ist, sollte dieser in den Prozess unbedingt einbezogen sein und Investitionen und Möglichkeiten mit ihm abgeklärt werden.
Optimierungen, die den Mensaraum betreffen, sollten von der gesamten Schulgemeinde getragen werden und es sollten in einem gemeinsamen Prozess Ideen zur Gestaltung entwickelt und erörtert werden. Die Partizipation ist ausschlaggebend für die Akzeptanz und kann beispielsweise durch die Beteiligung aller Akteurinnen und Akteure im Mensakreis erreicht werden. Hier können Ziele festgelegt, gemeinsame Maßnahmen definiert und später evaluiert werden. Visionen darüber, wie die Mensa aussehen könnte, bieten einen guten Einstieg in den Prozess und können zu neuen Denkanstößen anregen.
Ziel sollte es außerdem sein, dass eine einheitliche Sprache für die pädagogischen, aber auch die architektonischen Bedarfe gefunden wird. Missverständnissen kann hierdurch vorgebeugt und der Auftrag beziehungsweise die Anforderungen können präzise definiert werden. Dadurch ist es möglich, bereits im Prozess Kosten zu sparen, da bereits vor der Planung durch das Fachpersonal konkrete Formulierungen gefunden werden, die kostenmehrende Korrekturen im weiteren Verlauf minimieren beziehungsweise verhindern. Durch die ganzheitliche Betrachtung durch einen Fachberater ist auch in der zukünftigen Nutzung mit geringeren Kosten zu rechnen, da Personal- und Unterhaltskosten bereits im Prozess eine Rolle spielen.
Planung eines Schülerrestaurants
Das Einbeziehen der einzelnen Akteurinnen und Akteure rund um Schule ist von enormer Bedeutung. Neben der Schulgemeinschaft sind auch die Verwaltungen beziehungsweise Schulträger bei den ersten Bedarfsermittlungen involviert, um die bestmögliche Transparenz im Prozess zu gewährleisten.
Es ist wichtig, den aktuellen Ist-Zustand zu kennen und zu beschreiben. Hierfür werden die Fachexpertisen des Verpflegungspersonals, aber auch die Wahrnehmungen von Lehrkräften und Schülern hinsichtlich beispielsweise der Annahme des Angebots, Lärm, Ausgabesituation, Nachhaltigkeit benötigt. Durch das Beschreiben des Ist-Zustands können konkrete Bedarfe abgeleitet werden, die im Hinblick auf die Neugestaltung des Raumes erfüllt werden sollten. Externe Fachplaner konkretisieren und überprüfen die Bedarfe in sogenannten Modellflächenprogrammen. Somit wird schnell erkennbar, ob eine Umgestaltung im Bestand möglich ist oder ein Neubau in Frage kommt. Neben schulspezifischen Bedarfen, die sich aus dem Alltag der Schulen ergeben (beispielsweise Schicht- und Pausenzeiten, Versorgungs- oder Aufbereitungsküchen, Catering) können oftmals allgemeingültige Bedarfe formuliert werden.
Aus der Praxis
Auch in Hessen konnten in den letzten Jahren zahlreiche Projekte unter diesen Aspekten verwirklicht werden bzw. befinden sich gerade in der Planungsphase. Ein Beispiel aus der Praxis ist das Schülerrestaurant der Südringgauschule in Herleshausen, die damals konzeptionell durch die Firma LERNLANDSCHAFT begleitet wurde.
In Anlehnung an die bereits vorgestellten Kriterien für die Verpflegung in Schulen – hier mit Blick auf die Raumgestaltung – können folgende Gelingensbedingungen formuliert werden:
- Gestaltung und Ausstattung/Mobiliar
Eine intelligente Kombination aus räumlicher Gestaltung und Ausstattung ist notwendig, um den Schülerinnen und Schülern beim Essen ein gewisses Maß an Ruhe, Erholung und ungezwungenem Austausch zu bieten.
Für die angestrebte Atmosphäre im Schülerrestaurant ist es dabei von entscheidender Bedeutung, das Mobiliar sowie die Ausstattung der Räume entsprechend der vorliegenden Bedarfe der Schulgemeinschaft auszuwählen. Die Höhe von Ausgabetheken sollte beispielsweise je nach Alter der Schülerinnen und Schüler entsprechend gestaltet sein. Gruppentische sollten dabei zwingend so angeordnet sein, dass die Aufsicht im Raum zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden kann.
Das gemeinsame Essen als Ritual zur Stärkung der Eigenfürsorge und auch der Gemeinschaft ist dabei Aufgabe und Chance zugleich. Kinder tauschen sich aus, erzählen ihre Erlebnisse vom Tag, lachen zusammen und schmieden Pläne für den Nachmittag.