"Neue Medien" und Ganztagsschule

Das Lichtenberg-Gymnasium in Kassel – ein good-practice-Beispiel

Ein Bericht von Gunild Schulz-Gade

2012 Neue Medien 01 PC-Raum

"Neue Medien" als Herausforderung für die Ganztagsschule

Bei aktuell diskutierten Fragen nach der Qualität von Ganztagsschule und der Entwicklung einer neuen Lernkultur finden "Neue Medien" noch immer keine hinreichende Beachtung.
In einer Zeit, in der sich aktuelle wissenschaftliche Studien1 intensiv mit der Frage nach den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen, stellt sich die Frage, ob nicht gerade Ganztagsschulen – die sich in der Regel als "Lebensschulen" verstehen - sich diesen Realitäten öffnen und sie (zumindest in mancher Hinsicht) in die Gestaltung ihrer schulischen Lern- und Lebensorte einfließen lassen müssen.

1So z.B. die aktuelle Sinus-Jugendstudie u18 "Wie ticken Jugendliche? 2012 – Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland." Marc Calmbach u.a

Neue Medien – ein wichtiger Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen

Beobachtungen aus der Praxis bestätigen, was auch wissenschaftliche Untersuchungen belegen: "Neue Medien" sind aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken! Ihre Kommunikation und die Gestaltung ihrer Freizeit hängt eng und unmittelbar mit ihrer Nutzung der "Neuen Medien" zusammen.
Handys, soziale Netzwerke wie Facebook oder Schüler-VZ, aber auch Computer und Videospiele nehmen einen hohen Stellenwert in ihrem Leben ein.

Medienbildung als Pflichtaufgabe schulischer Bildung

2012 Neue Medien 03 BoardDie neue Erklärung der Kultusministerkonferenz (KMK) "Medienbildung in der Schule" vom 08. März 2012 soll dazu beitragen, die "Medienbildung als Pflichtaufgabe schulischer Bildung" nachhaltig zu verankern und den Schulen sowie den Lehrkräften eine Orientierung für die Medienbildung in Erziehung und Unterricht zu geben.

 

Die Erklärung weist auf die Potentiale der "Neuen Medien" hin und hebt die Möglichkeiten und Chancen hervor, die sich aus dem Gebrauch der digitalen Medien für die Gestaltung veränderter Lehr- und Lernprozesse ergeben.2
Näheres zur Erklärung ist in "Medienbildung in der Schule" der KMK zu finden.

2Medienbildung in der Schule – Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08. März 2012, S. 3

Medienkonzepte und Medienkompetenz

Bundesweit haben sich Schulen auf den Weg gemacht, Medienkonzepte zu erstellen, die darauf zielen, dass die Schülerinnen und Schüler sich eine bessere Medienkompetenz aneignen können.

2012 Neue Medien 02 Maedchen am PC

In der schulischen Praxis erweist sich die Medienerziehung jedoch oftmals als Aufgabe und Kampf einzelner Medienbeauftragter und nicht als ein gemeinschaftlicher Auftrag, der von dem gesamten pädagogischen Personal mitgetragen und umgesetzt wird. Ein Grund für diese Zurückhaltung mag zum Beispiel in einer gewissen Verschlossenheit mancher Kolleginnen und Kollegen gegenüber den "Neuen Medien" liegen.

Ganztagsschule - mehr Zeit für "Neue Medien"

Gerade an Ganztagsschulen bieten sich vielfältige Möglichkeiten eines sinnvollen Einsatzes "Neuer Medien", so z.B. im Rahmen veränderter Lernarrangements, die im Rahmen einer sinnvollen Taktung und Rhythmisierung möglich werden, im Bereich des Förderunterrichts für Teilleistungsschwächen, in Form von Zusatzangeboten für technisch überdurchschnittlich begabte Schülerinnen und Schüler, im Bereich der verschiedenen Berufsbildungsangebote, bei der Hausaufgabenhilfe, in  Arbeitsgemeinschaften (z.B. Schreibwerkstatt, Film-AG, Theater-AG, Technik-AG etc.) sowie im ungebunden Freizeitbereich etc.

Insofern haben sich Ganztagsschulen in besonderer Weise dem Thema "Neue Medien" zu stellen und geeignete Medienkonzepte innerhalb ihres pädagogischen Programms zu entwickeln.

Das Lichtenberg-Gymnasium in Kassel – eine moderne multimediale Ganztagsschule

Warum das Lichtenberg-Gymnasium im Landkreis Kassel im Jahr 2007 die Auszeichnung "Medienschule des Landes Hessen" erhalten hat, wird BesucherInnen der Schule schnell deutlich. Wohin sie auch blicken, "Neue Medien" sind für die Lehrenden und Lernenden ein selbstverständlicher Bestandteil ihres schulischen Alltags.3

2012 Neue Medien 04 PC Labor

3 Basis der IT-Infrastruktur war anfänglich Linux. Aus technischen Gründen stellte die Schule ihr System im Jahr 2005 auf das der Fa. Apple um, das Unix-basiert ist und das kreative Arbeiten mit Medien vereinfacht.
Die Umstellung auf Apple Macintosh hat auch die Aktualisierung der Computer erleichtert. Die Rechner werden seither in regelmäßigen Abständen über den Mac-Server geclont und können auf diese Weise mit nur einem Image aktuell gehalten werden. Dabei muss nur ein Rechner konfiguriert werden, dessen Inhalt vollständig auf alle anderen verteilt wird, egal welchen Baujahrs die Geräte sind .
(Quelle: Mehr als verstaubte Bücher. Erstellung: 05.03.2012. http://werkstatt.bpb.de/2012/03/ mehr-als-verstaubte-bücher/, Zugriff am 25.08.2012.)

2012 Neue Medien 05 RegalDies ist sowohl der aufgeschlossenen Grundhaltung der Schulleitung wie auch des Kollegiums zu verdanken, in besonderem Maße aber auch den beiden Lehrkräften Andreas Rehner und Ingrid Gnau, die federführend seit 2005 eine medientechnische Infrastruktur aufgebaut haben, die den LehrerInnen und SchülerInnen heute eine schnelle und einfache Ausleihe und Nutzung unterschiedlichster digitaler Medien ermöglicht.

Organisiert und koordiniert wird die Ausleihe über eine Medienwerkstatt.4

Acht eigens angelernte IT-interessierte und begabte SchülerInnen sorgen für eine verlässliche personelle Besetzung der Medienwerkstatt und erhalten für ihren selbstorganisierten Einsatz eine stundenweise Bezahlung.5 Die Ausleihe ist vor Beginn des Unterrichts und in den Pausen bis in den Nachmittagsbereich (14:30 Uhr) hinein geöffnet.

4 Die Kosten für die Medienausleihe betragen pro Jahr ca. 2500,00 EURO.
5 In Hessen können z.B. über das kleine Schulbudget Mittel für Honorare erschlossen werden. (Quelle: Mehr als verstaubte Bücher. Erstellung: 05.03.2012. http://werkstatt.bpb.de/2012/03/ mehr-als-verstaubte-bücher/, Zugriff am 25.08.2012.)

Über ein Online-Medienbuchungssystem können die Lehrkräfte technische Geräte für sich und ihre Lerngruppen reservieren lassen.

Oberstufenschülern und Oberstufenschülerinnen ist es möglich, sich gegen Hinterlegung eines Pfands einen Laptop oder andere moderne Medien auszuleihen. MittelstufenschülerInnen müssen für die Ausleihe von technischen Geräten einen von einer Lehrkraft unterzeichneten Medienausleihzettel vorlegen.

Die Ausleihe verfügt u.a. über 3 Laptopwagen, 100 iPads (Tablets), Beamer und Videokameras. Aus Gründen der Sicherheit kann dieser Bereich nur über einen Finger-Scanner betreten werden. Darüber hinaus gibt es einen Still-Arbeitsraum für die IT-Lehrkräfte sowie vier moderne PC-Räume, die mit i-Mac Computern ausgestattet sind.

Auffallend ist die Anordnung der Computer auf einer Theke entlang der Wände. Andreas Rehner erläutert, dass die klassisch eingerichteten Computer-Räume nicht zukunftsfähig seien. Sinnvoll sei die Einrichtung von Räumen mit flexiblem Mobiliar, die Schaffung von freien Arbeitsplätzen, Stillarbeitsbereichen und einem Präsentationsbereich (ggf. auch in Form einer Bühne).

Während der Prüfungsphase werden die PC-Räume geblockt, damit sich die Schülerinnen und Schüler ungestört auf ihre Präsentationen vorbereiten können. In diesem Zeitraum steht das Team der Medienausleihe den Prüflingen unterstützend zur Seite.

Da die Schule weitgehend mit W-LAN versorgt ist, können die Lehrkräfte und SchülerInnen in fast jedem Klassenraum mit einem Smartphone, Tablet (iPad) oder Laptop auf Wunsch ins Netz gehen.6 Viele SchülerInnen bringen für den Unterricht (z.B. im Fach Mathematik) auch ihre eigenen (privaten) PCs mit.

6 Darüber hinaus hat die Schule einen Intranetservice aufgebaut, der es über WebDAV ermöglicht Dokumente und Dateien zwischen Smartphones, iPads, Macs und PCs einfach auszutauschen. (Quelle: Mehr als verstaubte Bücher. Erstellung: 05.03.2012. http://werkstatt.bpb.de/2012/03/ mehr-als-verstaubte-bücher/, Zugriff am 25.08.2012.)

Darüber hinaus wird den OberstufenschülerInnen ermöglicht, im Selbstlern-Bereich die fest installierten Computer sowie die entliehenen oder privaten Medien zu den verschiedensten Zwecken (z.B. Anfertigung von Hausaufgaben, Durchführung von Recherchen etc.) zu nutzen.

Beachtenswert ist auch die Nutzung der "Neuen Medien" im künstlerisch – kreativen Bereich des Gymnasiums: Neben einem Theaterraum, in dem die LehrerInnen die gesamte Beleuchtung über ein iPad steuern können, bearbeiten die SchülerInnen im Bereich der Kunst-Werkstatt Video-Schnitte an ihren Computern und produzieren eigene kleine Filme.

Um das erarbeitete medientechnische Niveau zu halten, warten, sichern und zu aktualisieren, muss die Schule jährlich einen Betrag von ca. 20.000 EUR aufwenden.

Den LehrerInnen wie auch den SchülerInnen werden auf Nachfrage 1-2 Mal im Jahr einschlägige interne Fortbildungsmöglichkeiten angeboten.

Über das Erreichte hinaus startet an der Schule mit dem neuen Schuljahr das Pilot-Projekt einer Klasse 8 im "one to one - Konzept" als i-pad-Klasse, - eine weitere Neuerung am Lichtenberg-Gymnasium, innovative Lernformen zu etablieren und zudem ein konsequenter Schritt auf dem Weg zu einer modernen multimedialen Ganztagsschule.


Das Georg-Christoph-Lichtenberg-Gymnasium im Landkreis Kassel – Zahlen und Fakten

Schulleitung:
Schulleiter: Helmut Dörr
Stellv. Schulleiter: Markus Crede

Kontaktdaten:
Georg-Christoph-Lichtenberg-Gymnasium
Brückenhofstraße 88
34132 Kassel
Telefon: 0561-940840 (Sekretariat)
Fax: 0561-9408450
E-Mail: poststelle(at)lg.kassel.schulverwaltung.hessen.de
Internet: www.lichtenberg-schule.de

Schulform:
- Gymnasium
- Schule mit Ganztagsangeboten, Profil 2

Zahlen:
- 1440 Schülerinnen und Schüler
- 130 Lehrerinnen und Lehrer
- 1 Diplom-Sozialpädagogin
- 1 FSJ-Kraft

Auszeichnungen:
Durch das Hessische Kultusministerium wurden dem Lichtenberg-Gymnasium zwei Zertifikate und ein Landesschwerpunkt zuerkannt:
- Schulisches Zentrum für Mathematik und Begabtenförderung (Leuchtturmschule)
- Medienschule des Landes Hessen (Top Ten)
- Schule mit Schwerpunkt Musik

Weitere Auszeichnungen:
- Excellenzlabel CertiLingua
- seit 2011 im Kreis der MINT-Schulen

Angebote:
- Begabungsförderung
- Hausaufgabenbetreuung
- Werteerziehung in den Jahrgängen 5, 6,  9 und ?
- Soziale Projekte, z.B: "Run for help" 2012
- Zweite Fremdsprache: Französisch oder Latein
- Dritte Fremdsprache: Französisch, Latein, Italienisch oder Spanisch
- Externe Sprachzertifizierung: Camebridge Certificates, DELF, DELE, CILS
- Schüleraustausch mit sechs Schulen in England, Irland, Frankreich und Italien
- Auslandsfahrten nach Ungarn, London, Paris und in die USA
- Unterstützung der Schülerinnen und Schüler bei der Suche nach  Jahres-Aufenthalten im Ausland oder  Auslandspraktika
- Berufsorientierendes Praktikum im In- und Ausland im Jg. 12
- Ausbildungslehrgang im Jg. 14 zum Mathematisch-Technischen Assistenten/zur Mathematisch-Technischen Assistentin (MTA)
- Comenius Regio Partnerschaft

Arbeitsgemeinschaften:
- Instrumentalgruppen
- Chor
- Handball
- Fußball
- Sanitätsdienst
- Mentoren-AG
- Chemie AG
- Spanisch
- Leuchtturm Treff
- Leuchtturm Akademie
- Mathematisches Cafe

Ansprechpartner: Thomas Maxara
Kontakt: thomas.maxara(at)me.com

Autorin: Gunild Schulz-Gade, Serviceagentur "Ganztägig lernen" Hessen
Fotos: Martin Querl, Fachberater Medienbildung im Staatlichen Schulamt für die Stadt und den Landkreis Kassel
Datum: 27. August 2012
© www.hessen.ganztaegig-lernen.de

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