Kindliche Mitbestimmung ermöglichen - Freiräume für persönliche Selbstbestimmung bieten

Die Friedrich-Wöhler-Grundschule in Kassel als „good practice“ - Beispiel für Schüler/innenpartizipation und Freizeit- & Spielpädagogik

Ein Bericht von Gunild Schulz-Gade

Dass die Partizipation an der Friedrich-Wöhler-Schule in Kassel einen wesentlichen Bestandteil des schulischen Konzepts darstellt und im Alltag lebendig gelebt wird, erkennt der Besucher schon beim Ankommen in der Schule, wenn er von einem Schüler-scout in Empfang genommen und von diesem später auch durch das Schulgebäude geführt wird.

FWS Bild 1In gemeinsamer Anstrengung haben das Kollegium der Friedrich-Wöhler-Schule und die Mitarbeiterinnen des Hortes an der Weiterentwicklung und Zusammenführung beider Einrichtungen gearbeitet und ein pädagogisches Konzept für ihre nun ganztägig arbeitende Grundschule entwickelt, in dem den Bedürfnissen der Kinder ein zentraler Stellenwert zugemessen wird.

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Bemerkenswert ist, dass den Kindern an dieser Schule in einem klar strukturierten Schultag, sowohl Halt, Orientierung und Sicherheit geboten wird, ihnen innerhalb dieses Rahmens und den verschiedenen Phasen gleichzeitig aber ein größtmöglicher Raum für ihre individuellen Bedürfnisse, ihre persönliche Entfaltung und Mitgestaltung des schulischen Alltags geschaffen wird.

In einem Abschnitt des rhythmisierten Alltags (offener Anfang ab 7:30, einem Morgenkreis, zwei Lernblöcken, die von einem 10-minütigen Frühstück und einer halbstündigen Pause entzerrt werden), gehen die Kinder in eine individuelle Lernzeit (intern „Indi-Zeit“ genannt), in der sie in persönlicher Form - je nach Neigung, Entwicklungs- und Leistungsstand - arbeiten und lernen und welche die Hausaufgaben ersetzt.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen und einer Pause strömen alle Kinder (Hort- und Ganztagskinder) in den gemeinsamen Freizeit- und Spielbereich, des in die Schule integrierten Horts und begeben sich an die dortige Einwahlwand wo sie sich täglich neu für eines der Freizeit- und Spielangebote entscheiden.

FWS Bild 3Auf dieser großen Tafel sind die zahlreichen Angebote und Uhrzeiten übersichtlich und in Spalten unterteilt aufgeführt.Jedes Kind verfügt über einen Magneten mit seinem Namen und Selbstbild, mit dem es sich täglich in einen der Bereiche „einparkt“, der seinen Bedürfnissen und Interessen am meisten entspricht.

So haben alle Betreuungs- und Aufsichtskräfte stets einen Überblick darüber, wo sich gerade welches Kind befindet. Die Kinder werden auch angehalten, sich an der Anmeldewand mit ihrem Magneten „umzuparken“, sofern sie von einem in ein anderes Angebot wechseln.

Die Angebote, in die sich die Kinder einwählen, umfassen einen Kreativ- und Bastelraum, in dem die Kinder malen und basteln können und in dem Projekte z.B. im Bereich Handarbeit (Häkeln, Stricken etc.) angeboten werden, einen Bau- und Spielraum, in dem z.B. mit Legosteinen gespielt werden kann, in dem Spiele ausgeliehen werden können oder auch zeitlich begrenzt am PC gespielt werden kann, einen Aktionsraum, der auch von der Jugendhilfe genutzt wird und in dem Billiard, Air-Hockey, Kicker etc. gespielt werden können, eine Spielausleihe sowie wechselnde freie Angebote wie z.B. Schwimmen, Lauftreff, Teestube, Bücherei oder die Kinder spielen auf dem Spielplatz oder Schulhof im Freien. Im neuen Schuljahr wird es auch noch ein Rollenspielraum geben.

FWS Bild 4Am Ende des Tages „parken“ die Schülerinnen und Schüler sich an der Wand wieder mit ihrem Magneten aus dem Freizeitbereich aus.
Der nächste Tag bietet ihnen die Möglichkeit, neu zu wählen und sich selbst zu entscheiden. Partizipation erleben die Kinder auch in dem wöchentlich praktizierten Klassenrat und in der Kinderkonferenz – genannt KIKO.

Die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder werden hier ernst genommen und demokratisches Handeln wird kindgerecht erlernt und gelebt.

Die Friedrich-Wöhler-Schule in Kassel – Zahlen und Fakten

Friedrich-Wöhler-Schule Kassel
Philosophenweg 9
34121 Kassel

Telefon: 0561-21172
Fax: 0561-2888590
E-Mail: poststelle@woehler.kassel.schulverwaltung.hessen.de

Homepage

Schulleiterin: Inge Schüler
Stellvertretende Schulleiterin: Daniela Schinke

- 9 Lehrerinnen in der Grundschule und drei Sozialpädagoginnen (im Flexiblen Schulanfang und im Ganztag
- 7 Erzieherinnen und Erzieher im Hort
- 3 pädagogische Mitarbeiterinnen und verschiedene außerschulische Partner
- 145 Schülerinnen und Schüler in der Grundschule

- Flexibler Schulanfang
- Jahrgangsgemischter Unterricht in den Klassen 1 und 2 (Stufe I)
und den Klassen 3 und 4 (Stufe II) partiell
- 92 Prozent der Schülerinnen und Schüler bleiben ganztägig in der Schule
- In die Schule integrierter Hort
- Pädagogische Mittagsbetreuung und Hort arbeiten in der Kernzeit bis 15.00 Uhr zusammen
- Eltern haben die Möglichkeit, ihre Kinder für unterschiedliche Betreuungsformen verschiedener Länge anzumelden. In drei Hort II-Gruppen wird eine Betreuung bis 17.00 Uhr angeboten

- Regelmäßige Kinderkonferenzen und Klassenrat
- Rhythmisierter Tag (Offener Anfang, Morgenkreis, 40-Minuten-Lernblöcke, „Indi-Zeit“ etc.)
- Individualisierter Unterricht, Wochenplanarbeit (Tagesplan), Plenum (frontale Phasen), Gesprächsphasen, freie Arbeitszeit, Lernen an Stationen, Werkstattarbeit, Themen- und Projektarbeit
 

Autorin: Gunild Schulz-Gade, Serviceagentur "Ganztägig lernen" Hessen
Fotos: Friedrich-Wöhler-Schule Kassel
Datum: 12.05.2012
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