Auf den Fundus der Volkshochschule zurückgreifen

In den Kreisen Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner arbeiten Schulen mit der vhs zusammen

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Ein Bericht von Jacqueline Engelke

Mit der Einführung von Ganztagsangeboten lassen sich Schulen auf einen Prozess ein, der auch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern mit sich bringt. Welche Kooperationspartner zur Verfügung stehen, kann von Region zu Region unterschiedlich sein. Schulen in den Kreisen Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner arbeiten seit einigen Jahren mit den örtlichen Volkshochschulen (vhs) zusammen.

„Wir sind froh, dass wir auf den Fundus und die Erfahrung der Kreisvolkshochschule zurückgreifen können“, sagt Bernd Rösner, zweiter Konrektor der Burgwaldschule. Ganztag – das bedeutet in der fünfzügigen Realschule mit rund 860 Schülerinnen und Schülern einen pädagogischen Mittagstisch und an vier Nachmittagen Betreuung, Kurse und Arbeitsgemeinschaften. Als das Ganztagsangebot 2007 eingeführt wurde, suchte die Schule nach geeigneten Kooperationspartnern. Und wurde unter anderem bei der vhs Waldeck-Frankenberg fündig, mit der sie seitdem eng zusammenarbeitet, sei es bei der Suche nach qualifizierten freiberuflichen Lehrkräften, bei deren Verträgen und Bezahlung bis hin zur Erstellung von Verwendungsnachweisen für die Gelder, die für den Ganztag zur Verfügung stehen. Damit nimmt die vhs der Realschule als Dienstleister einen Teil der Organisations- und Verwaltungsarbeit ab. Dafür bekommt sie einen Verwaltungskostenanteil.

Unterschiedliche Konzepte der Zusammenarbeit

Die Burgwaldschule ist eine von sieben Schulen im Kreis, mit denen die vhs kooperiert. 50 Kurse organisiert die vhs Waldeck-Frankenberg für ihre sieben Partner, rund 500 Kinder und Jugendliche nehmen daran teil. Die Bandbreite der Themen ist groß – sie reicht von Schulwissen über Freizeitgestaltung bis zu Englisch, Gitarrenkursen, Bearbeiten von Speckstein, Hausaufgabenbetreuung, Konfliktmanagement in der Arbeitswelt oder der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. An der Burgwaldschule ist die vhs Partner bei Kursen wie digitaler Fotografie, Spanisch, Zumba, Filzen, Schwimmen oder Lieblingsessen kochen.

Die Zusammenarbeit mit den Schulen ist unterschiedlich eng. „Wir haben auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anfragen der Schulen reagiert“, sagt Manfred Mengel, Leiter der vhs Waldeck-Frankenberg. Je nach Konzept der Schule entstanden vielfältige Modelle der Kooperation. Mal bietet die vhs ein Thema als regulären vhs-Kurs an der Schule an, für den die Eltern die übliche Gebühr bezahlen. Mal wird das Angebot über die Mittel für den Ganztag abgerechnet – auch diese Abrechnung übernimmt bei Bedarf die vhs.

Mit der Burgwaldschule besteht zur Zeit die weitestgehende Kooperation, sagt Mengel, denn die vhs rechnet für die Schule einen Großteil des Stundenkontingents des Ganztags ab. Um den Ganztag zu koordinieren und die zusätzlichen Aufgaben zu finanzieren, stellt das Land den Schulen je nach ihrer Größe zusätzlich Stundenkontingente zur Verfügung. Diese können in Geld umgewandelt werden, um damit unter anderem Honorarkräfte für Kursangebote zu finanzieren. Entscheidet sich eine Schule für diese Umwandlung in Geld, muss sie die Mittel selbst verwalten und deren Verwendung nachweisen. Da Schulen keine Arbeitsverträge abschließen dürfen, springen oft deren Fördervereine ein. Sie müssen sich dafür allerdings unter anderem in Arbeitsrecht und Buchhaltung auskennen.

Arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite

„Unser Förderverein hat schon viele Aufgaben“, sagt Bernd Rösner, der die Nachmittagsbetreuung an der Schule organisiert. Unter anderem ist der Förderverein Vertragspartner des Caterers, der die Verpflegung in der Cafeteria sicherstellt. Deshalb wollte man dem Verein die zusätzliche Belastung nicht zumuten. So kam die vhs ins Spiel, die sich mit der Abrechnung von Honorarkräften und Verwaltungsfragen gut auskennt. Zudem brachte die vhs Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Schulen mit Ganztagsangeboten mit. Der Landkreis Waldeck-Frankenberg kam schon 2006 mit einer Initiative für den Nachmittagsunterricht und den Ganztag auf die vhs zu, erzählt Manfred Mengel. Damals übernahm die vhs die Verträge einer Schule für alle freiberuflichen Dozenten.

Die Verträge und die Abrechnung mit Freiberuflern/innen erfordern spezielle arbeitsrechtliche Kenntnisse. Schulen arbeiten in der Mehrzahl mit fest angestellten und verbeamteten Lehrkräften zusammen, denen sie auch Weisungen erteilen können So kann die Schule beispielsweise eine Konferenz für die Lehrkräfte anordnen. Bei Freiberuflern/innen geht das nicht. „Wir laden unsere Honorarkräfte zu solchen Treffen lediglich ein“, schildert Mengel. Dieser Unterschied hat auch arbeitsrechtliche Gründe. Weisungen vom Arbeitgeber können ein Indiz für eine Scheinselbständigkeit sie. Sie kann dazu führen, dass ein Freiberufler auf Festanstellung klagen kann.

Durch die Kooperation mit der vhs sei man arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite, sagt Bernd Rösner. Noch einen Vorteil bringt die Kooperation mit sich. In vielen Fällen übernehmen die Lehrkräfte der Schule oder bewährte, der Schule bekannte, Honorarkräfte die Kurse am Nachmittag. Doch nicht immer geht das und nicht immer stehen geeignete Kräfte für ein bestimmtes Angebot zur Verfügung. Zwar kooperieren die Schulen mit Vereinen, doch berufstätige Vereinsmitglieder können oft nachmittags keine Kurse übernehmen. In diesem Fall hat die vhs einen Fundus von erfahrenen Kursleitern/innen. Sie bringen die fachlichen Qualifikationen mit, „wobei es für uns sehr wichtig ist, dass die Kursleiter gut mit Kindern und Jugendlichen arbeiten können“, ergänzt Bernd Rösner. Außerdem müssen diese Lehrkräfte ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis haben.

„Wir bemühen uns, bei Bedarf entsprechend qualifizierte Kräfte zu finden, wenn die Schule selbst keine hat oder kennt“, sagt Manfred Mengele. Wobei die Kreisvolkshochschule auf eine lange Tradition in der Arbeit mit Jugendlichen zurückblicken kann. Sie bot beispielsweise schon vor den Angeboten des Ganztags Ferienkurse für Jugendliche an. Manche dieser Kurse für Jugendliche fielen dem Ganztag zum Opfer, weil die gleichen Themen, die die vhs kostenpflichtig als Ferienkurse im Angebot hatte nun für die Schüler kostenfrei während der Schulzeit durchgeführt wurden. Durch die Kooperation mit den Schulen „können wir diese Themen erhalten“, sagt Mengel. Für einen ländlichen Kreis wie Waldeck-Frankenberg eine wichtige Aufgabe. Er ist mit 85 Einwohnern pro Quadratkilometer sehr dünn besiedelt, zudem schrumpft die Bevölkerung jährlich um ein Prozent. Deshalb ist die Zusammenarbeit aller Institutionen besonders wichtig, um möglichst viele Angebote für die Menschen zu erhalten.

Werra-Meißner-Kreis beauftragte die vhs

Im Werra-Meißner-Kreis beauftragt der Kreis den Eigenbetrieb Volkshochschule Jugend, Freizeit Werra Meißner damit, die Gelder für Ganztagschulen zu verwalten und die Abrechnung zu übernehmen – wenn die Schule dies wünscht. Der Standort Eschwege ist in der Schulsozialarbeit für den Kreis tätig: der Eigenbetrieb stellt die Schulsozialarbeiter/innen im Kreis ein, schildert Andrea Eckhardt, zuständig für Personal und Organisation der vhs Werra Meißner. Als weitere Leistung ist der Eigenbetrieb Anstellungsträger für die Schulen und schließt die Verträge mit Honorarkräften, sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten ab, erstellt den notwendigen Verwendungsnachweis und die Abrechnung. Er erhält dafür vom Werra-Meißner-Kreis einen Zuschuss. In der Regel schlagen auch im Werra-Meißner-Kreis die Schulen die Kräfte vor, die sie beschäftigen möchten. Bei Bedarf unterstützt die vhs Werra Meißner die Schulen auch bei der Suche nach geeignetem Personal.

Die vhs Werra Meißner Standort Eschwege übernimmt diesen Service derzeit für neun Schulen, der Standort Witzenhausen für fünf. Die beiden Volkshochschulen sind zum 1.1. 2014 im Eigenbetrieb vhs Jugend, Freizeit Werra Meißner mit den Standorten Eschwege und Witzenhausen integriert worden. Das Angebot für die Schulen wird natürlich auch nach der Fusion erhalten bleiben.

Autorin: Jacqueline Engelke, vitamin be Kommunikation, Kassel
Datum: 28. Januar 2014
© www.hessen.ganztaegig-lernen.de

Kontakt:

Volkshochschule Werra-Meißner
Standort Eschwege

Vor dem Berge 1
37269 Eschwege
Tel.: 0 56 51 / 74 29-0
E-Mail: info@vhs-eschwege.de
Internet: www.vhs-eschwege.de

Volkshochschule Werra-Meißner
Standort Witzenhausen
Walburger Str. 38
37213 Witzenhausen
Tel.: 0 55 42 / 9336-0
E-Mail: info@vhs-witzenhausen.de
Internet: www.vhs-witzenhausen.de

Kreisvolkshochschule Waldeck-Frankenberg
Klosterstraße 11
34497 Korbach
Tel.: 0 56 31 / 9773-0
E-Mail: info@vhs-waldeck-frankenberg.de
Internet: www.vhs-waldeck-frankenberg.de