Der landesweite Fachtag zum Thema Ganztagsschule als Interkultureller Ort fand am 1. Dezember in den Räumen der Caritas in der Frankfurter Innenstadt statt.
Viele Akteure und Interessierte aus den Bereichen Schule, Hort- und Schulkindbetreuung, Schulverwaltung, Aus- und Fortbildung, Schulentwicklung und Jugendhilfe sowie Kooperationspartner und Studierende folgten der Einladung. Das große Interesse an der Veranstaltung führte dazu, dass nach der 100. Anmeldung eine Warteliste angelegt werden musste.
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Auf dem Fachtag wurde der Frage nachgegangen, wie eine Schulkultur gestaltet werden kann, die soziale Inklusion und demokratische Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen im Ganztag gelingen lässt und eine offene und gemeinschaftlich orientierte Atmosphäre am Vor- und Nachmittag schafft.
Michael Schmitt von der Serviceagentur "Ganztägig Lernen" eröffnete die Veranstaltung und brachte seine Freude über die große Nachfrage an der Veranstaltung zum Ausdruck. In seinen anschließenden Grußworten betonte Wolf Schwarz vom Ganztagsreferat des Hessischen Kultusministeriums die hohe Aktualität der interkulturellen Arbeit an den Schulen und der Bedeutung, die hierbei auch dem Ganztag zukommt. Die Ganztagsschule ist ein Ort von Vielfalt und Heterogenität. Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen, ethnischen und religiösen Erfahrungen und Sozialisationshinter-gründen finden hier einen gemeinsamen Ort des miteinander Lernens und Lebens. Dies stellt insbesondere für Ganztagsschulen eine große Herausforderung dar.
Christopher Textor, Leiter der Stabsstelle Schulische Integration von Flüchtlingen im Hessischen Kultusministerium, verwies in seinem anschließenden Beitrag auf die langjährigen Erfahrungen der Sprachförderung in Hessen und stellte die derzeitigen Konzepte in diesem Bereich vor.
Nach diesen einleitenden Worten wurden die Teilnehmenden in die vertiefenden Workshops gebeten, die sich mit folgenden Themen beschäftigten:
Überwindung des Unbehagens - Interkulturelle Kompetenz in der Ganztagsschule: Die Diplom-Pädagogin, Bildungsreferentin und Coachin Işıl Yönter ging in ihrem Workshop der Frage nach, wie Missverständnisse überwunden und kulturelle Zuschreibungen vermieden werden können. Wie gelingt eine praxisbezogene Anerkennungskultur mit konstruktiver Zusammenarbeit, die befriedet und womöglich Spaß macht? Durch das Hinzuziehen von interaktiven Übungen und Praxisbeispielen wurde deutlich, dass Schule heute ein Lebensraum vielfältiger Begegnung ist, in dem eine ständige Auseinandersetzung zwischen Fremdem und Vertrautem stattfindet. Der Schulalltag stellt so Lehrende vor hohe Ansprüche. Flexibilität und der professionelle Umgang mit Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit oder Herkunft sind unabdingbar.
Johanna-Elisabeth Giesenkamp, Diplom-Ökotrophologin (FH), von der Hochschule Osnabrück stellte in ihrem Workshop Mittagsessen im Ganztag - Religions- und kultursensible Schulverpflegung vor, wie unter Berücksichtigung religiöser Speisevorschriften und kultureller Besonderheiten bei der Gestaltung des schulischen Mittagessens „alle an einem Tisch“ beim Essen zusammen kommen können. So bietet sich auch die Chance, das Thema der unterschiedlichen Religionen mit einem praktischen Bezug aus der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen zu verknüpfen. Der Workshop bot einen umfassenden Einblick in religiöse und kulturelle Anforderungen an die Gestaltung des Essensangebots.
In seinem Workshop Werkzeugkasten für die Sprachanwendung vermittelte Prof. Josef Leisen, OStD a.D., ehemaliger Leiter des Studienseminars für das Lehramt am Gymnasium in Koblenz und Professor der Didaktik an der Universität Mainz, Methoden und Werkzeuge für lehrergesteuerte oder schüleraktive Verfahren sowie Materialien und Hilfsmittel zur Unterstützung von Lehr-Lern-Prozessen in sprachlichen Standardsituationen. Dies ermöglicht Sprachbildung und Sprachförderung in allen Fächern. Die Teilnehmenden konnten diese Methode in eigenen Übungen selbst erproben und diskutieren.
Diss!enz – Bildungsarbeit gegen Rassismus und jegliche Form von Diskriminierung lautete der Titel des Workshops von Hannah Abels, Trainerin Politische Bildung/Antidiskriminierung, von der Bildungsstätte Anne Frank. Diskriminierung und Rassismus sind Themen, die zum Alltag der pädagogischen Arbeit gehören. Im Workshop beschäftigten sich die Teilnehmenden mit den verschiedenen Erscheinungsformen von Diskriminierung und damit, wie diskriminierende Situationen erkannt werden können. Der Workshop zielte auf eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit dem Thema und vermittelte Impulse für die pädagogische Arbeit.
Die Reflexion der eigenen Rolle und die gemeinsame Erarbeitung der theoretischen Grundlagen und Methoden des Empowerment-Konzeptes standen im Mittelpunkt des Workshops von Angela Khosla-Baryalei (HKM, Gewaltprävention und Demokratielernen): Empowerment als Handlungskonzept für die Unterstützung und Stärkung von geflüchteten Schülerinnen und Schülern. Junge Menschen migrantischer Herkunft befinden sich oftmals in doppelter Hinsicht auf der Suche: in einer Phase der Neuorientierung und Selbstfindung sowie im Übergang von der Kindheit ins Erwachsenensein und im Einflussbereich zweier Kulturen. Die Lebenszusammenhänge im Kontext von Flucht und Asyl bringen zusätzliche Belastungen mit sich. Sprachliche und kulturelle Achtsamkeit sind gefragt. Mit den Erfahrungen der Teilnehmenden konnte insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie die Ressourcen der Schülerinnen und Schüler sichtbar gemacht, wie sie gestärkt und unterstützt werden können, damit diese sich selbst helfen können.
Ausgehend von dem Wissen um das Beherrschen der Bildungssprache als Schlüssel für den Schulerfolg und damit einer gelingenden Integration stellten Christopher Textor (Leiter der Stabsstelle Schulische Integration von Flüchtlingen, Hessisches Kultusministerium) und Martina Goßmann (Hessische Lehrkräfteakademie) im Workshop Chancen einer systematischen Sprach-förderung vom Primarbereich bis zur Sekundarstufe I unter Einbindung des Ganztagsangebots das schulische Gesamtsprachförderkonzept des Landes Hessen vor. Dieses sieht vor, dass durchgängige Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache der Referenzpunkt aller strategischen Maßnahmen darstellt. Qualitätsmerkmale, Methoden, Chancen und Herausforderungen einer systematischen Sprachförderung unter Einbezug der verschiedenen Akteure und Angebote im Ganztag wurden diskutiert und mit Blick auf die eigene schulische Praxis reflektiert.
Der Markt der Möglichkeiten bot im Anschluss an die Workshops genügend Raum für fachlichen Austausch. Auch das orientalische Buffet wurde in der Mittagspause mit gutem Appetit angenommen.
Der Fachtag schloss mit einem Vortrag von Prof. Dr. Mecheril (Universität Oldenburg), der zu dem Thema Pädagogisches Können in der Migrationsgesellschaft referierte.
Prof. Dr. Mecheril hat hierzu Materialien zur Verfügung gestellt. Diese können Sie hier herunterladen.
Weitere Informationen:
Autorin: Stephanie Welke, Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Hessen
Fotos: Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Hessen
Datum: 08.01.2018
© www.hessen.ganztaegig-lernen.de